Verbund der Chinazentren an deutschen Hochschulen nimmt seine Arbeit auf

Am 12.02.2019 fiel im Chinazentrum an der Universität zu Kiel der Startschuss für die Arbeit des Verbunds der Chinazentren an deutschen Hochschulen. Die Gründungsmitglieder der vier universitären Chinazentren in Kiel, Berlin, Dresden und Tübingen legten bei ihrer ersten konstituierenden Sitzung Ziele und Maßnahmen ihres Netzwerkes fest:

Ziele und Maßnahmen:

Der Verbund zielt auf den Aufbau einer langfristigen Kooperation und Vernetzung der Chinazentren zur substantiellen Förderung des Chinawissens in Forschung und Lehre an deutschen Hochschulen. Er bietet:

  • Möglichkeiten zum regelmäßigen Austausch „burden-sharing“ (best practice/worst practice) zwischen den Chinazentren, China-WissenschaftlerInnen und China-Projektleitungen (in Ergänzung zu den Sinologie-Instituten)
  • Bündelung, Koordinierung, Sichtbarmachung Chinabezogener Projekte an dt. HS
  • Beratung (nach innen und außen) bei deutsch-chinesischen (Hochschul-) Kooperationen auf der Grundlage eingehender Diskussionen und Untersuchungen von ExpertInnen innerhalb des Netzwerks
  • Formulierung gemeinsamer Interessen gegenüber der Politik und der Gesellschaft ebenso wie gegenüber chinesischen Institutionen
  • Chinawissen kompakt durch Schaffung eines deutschen Pools von China-Knowhow und KontaktNetzen in und über China.
  • Zentralen Auskunftsort/Anlaufstelle/Directory/ Überblick (Portrait) über Chinazentren und nachhaltige akademische China-Projekte
  • Regelmäßige Newsletter/Rundmail/Quartalsbericht
  • Jahrestagungen

 

Nach der Gründungssitzung trafen sich China-Interessierte aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik beim Chinawissen-Lunch, organisiert vom Chinazentrum der Uni Kiel. Im Rahmen seines Vortrags betonte Prof. Dr. Schmidt-Glintzer, Leiter des Chinazentrums an der Universität Tübingen, nochmals eindringlich
die Wichtigkeit der Förderung von Chinawissen an deutschen Hochschulen hin: 

China drängt auf die Weltbühne und man muss davon ausgehen, dass China bald auch wissenschaftlich eine Supermacht sein wird. Studierende aus China besuchen in großer Zahl deutsche Hochschulen, überwiegend in MINT-Fächern, während zahlenmäßig vergleichsweise wenige deutsche Studierende zur Bildung von China-Kompetenz nach China gehen. Hier entstehen asymmetrische Verhältnisse. da wir uns in einer hochkomplexen und daher auch nur arbeitsteilig zu belebenden Welt vorfinden, ist Netzwerkbildung eine Notwendigkeit.

In den letzten Jahren gab es einen spürbaren Anstieg an Kooperationen zwischen akademischen Einrichtungen in China und in Deutschland, Europa, dem Rest der Welt. China will technologische Großmacht werden, seine Forschungsziele sind klar definiert – und sie sind verbunden mit politischen und strategischen Initiativen wie der Belt & Road Initiative, BRI. Nie zuvor waren so viele chinesische Studierende an Europäischen Hochschulen eingeschrieben (über 600.000 im Jahr 2017), nie zuvor studierten so viele Ausländer an Chinesischen Hochschulen (ca. 445.000 im Jahr 2016). Diese internationalen Kooperationen können Chancen für neue wissenschaftliche Erkenntnisse und gemeinsame Forschungsergebnisse bedeuten. Mögliche Risiken sollten sorgfältig beobachtet werden:
Wir müssen die chinesischen Regeln und Ziele verstehen; nur so können wir Kooperationen aufbauen, die nicht auf Vermutungen, sondern auf wohl-verstandenen Interessen basieren, fasst die Studie des LeidenAsiaCentre2 zusammen. Sowohl der wissenschaftliche Austausch im Bereich technologischer Innovationen, als auch das Wissen um den historisch-kulturellen Hintergrund des jeweils Anderen ist für China und Europa wichtig. Europa ist unzureichend informiert über China und sein Hochschulsystem, es fehlt an strategischen Visionen und einem Verständnis der Kooperations-Ziele des chinesischen Partners. Die Zusammenarbeit mit Chinas Hochschulen muss auf der Grundlage einer handfesten China-Strategie unserer Hochschuleinrichtungen und einer Abwägung möglicher Vor- und Nachteile für die wissenschaftliche Kooperation erfolgen 3
Die Notwendigkeit einer breiteren und substantielleren China-Wissen-Vermittlung hat sich stark erhöht. Dies betont auch die China-Strategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF, 2015-2020: Wesentliche Grundlage für erfolgreiche wissenschaftliche und wirtschaftliche Kooperationen mit chinesischen Partnern ist eine ausreichende China-Kompetenz der deutschen Partner. Diese beinhaltet neben auf China bezogenen Fachkenntnissen auch das Basiswissen zu Wirtschaft, Politik, moderner Geschichte und Gesellschaft sowie fremdsprachliche und interkulturelle Kompetenz. (BMBF Chinastrategie 2015-2020, 2016). Für eine zunehmende Anzahl an deutschen Studierenden und Wissenschaftlern besteht ein großer Bedarf an humanistischer Interpretation von sozio-ökonomischen und kulturellen Prozessen in China – zusätzlich zu den komplexen wirtschaftlichen Erklärungen. Viele Problemstellungen in der globalisierten Arbeitswelt deutsch-chinesischer Unternehmen lassen sich nur mit Hilfe umfangreicher Kenntnisse der chinesischen Lebens- und Arbeitswelt lösen. Vor diesem Hintergrund wächst auch die Nachfrage nach gut ausgebildeten deutschen Absolventen mit profunden Chinakenntnissen – der Erwerb eines möglichst umfassenden China-Wissens soll im späteren Berufsleben angewandt werden und zum besseren Verständnis beider Kulturen beitragen. In Ergänzung zu den sinologischen Instituten/Fachgebieten an deutschen Hochschulen und den Konfuzius-Instituten in Deutschland sind Chinazentren an deutschen Hochschulen idealerweise integrale Bestandteile der Universitäten mit zentraler Funktion. Sie sind Einrichtungen, die der Förderung des Chinawissens in Forschung und Lehre dienen.
Ihre Angebote sind fächerübergreifend, inter- und transdisziplinär, inter- und transkulturell und richten sich an alle Statusgruppen. Die Chinazentren bieten den Studierenden und KollegInnen die Essenz jahrzehntelanger eigener Erfahrung in der Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern; sie sind geübt in wissenschaftlichen Kooperationen mit China und geben diese China-Kenntnisse gern an ihre Wirtschafts-, Ingenieur-, Natur-, Kultur- und Geistes-WissenschaftlerInnen weiter. Zur ersten Sprecherin des Verbundes wurde die Leiterin des China Centers der TU Berlin, Frau Dr. Sigrun Abels, gewählt. Geplant sind routinemäßige Jahres-Tagungen. 

Gez. Abels, Häse, Messner, Schmidt-Glintzer.